- Diese Veranstaltung hat bereits stattgefunden.
AUSSTELLUNG: »Musik der Übergänge. Räume und Stimmen des Michael Prætorius«
4. Juli 2021 - 31. Oktober 2021
Ausschnitt aus Michael Prætorius: Polyhymnia Panegyrica, Wolfenbüttel 1619 / Foto: HAB
Eine Ausstellung der Herzog August Bibliothek unter Federführung von Dr. Sven Limbeck
Lessinghaus, Lessingplatz 2, 38304 Wolfenbüttel
Öffnungszeiten Di –So 10–17 Uhr
Eintritt: 3,- €
Parallel zur Ausstellung im Lessinghaus wird eine digitale Version auf Google Arts & Culture gezeigt:
https://artsandculture.google.com/story/kgWBxnyV1i2A1g
Zur Ausstellung:
Musik der Übergänge
Die Ausstellung mit Originalen aus der Herzog August Bibliothek ist ein Beitrag zum Wolfenbütteler Michael-Prætorius-Gedenkjahr 2021. Die präsentierten Bücher – musiktheoretische Werke, zeitgenössische Notendrucke, biographische Zeugnisse, Werke von Prætorius oder aus seinem Besitz – sind die Zeugen dafür, wie der Komponist die musikalische Weltgeschichte nach Wolfenbüttel holte und den Umbruch um 1600 mit einer Musik vielfältiger Übergänge begleitete.
Eine musikalische Moderne um 1600
An der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert beginnt im Bewusstsein der Musikschaffenden eine neue Zeit: eine musikalische Moderne, die mit der Vokalpolyphonie der Renaissance, der vielstimmigen, nach den komplexen Regeln des Kontrapunkts komponierten Musik, bricht. Fortan soll die Musik wieder eine Dienerin des Wortes sein, und sie soll Affekte erzeugen, die die Hörenden gefühlsmäßig auf das einschwingen, was das Wort vermittelt – Freude, Trauer oder Liebe. Dazu muss das Wort hörbar und verständlich sein, dazu muss sich die Musik kompositorische Freiheiten nehmen, die vorher nicht erlaubt waren. Sogar das Dissonante wird jetzt möglich.
Akteur des Umbruchs
Eigentlich hätte Michael Prætorius Theologe werden sollen. Als ihn aber Herzog Heinrich Julius von Braunschweig-Lüneburg zunächst zum Organisten und dann zum Wolfenbütteler Hofkapellmeister macht, werden Orgel und Notenpult die Kanzel, von der aus er fortan das Wort Gottes verkündigt. Er griff dabei die Neuerungen zeitgenössischer italienischer, französischer und englischer Komponisten auf und schuf so das Fundament des barocken Stils, der das Musikleben in Deutschland für die kommenden zwei Jahrhunderte beherrschen sollte. Als Musiktheoretiker, praktischer Musiker, Orgelfachmann und Komponist gestaltet er den Umbruch und baut Brücken zwischen Altem und Neuem: zwischen Deutschland und Italien, zwischen evangelischer Kirchenmusik und neuer italienischer Manier, zwischen Stimme und Instrument, zwischen Erde und Himmel.
Ein Sammler von Wissen und Beziehungen
Michael Prætorius, der nie selbst nach Italien gereist ist, war ein für die Kultur der Frühen Neuzeit typischer Netzwerker. Auf seinen Reisen und in seiner Korrespondenz knüpfte und pflegte er Kontakte, tauschte er Informationen und Musik. Insbesondere am Kaiserhof in Prag konnte er mit italienischen Musikern in Verbindung treten und so die „neue Manier“ aus erster Hand erleben. Von kultureller Verspätung keine Spur: Michael Prætorius hat sich nachweislich die aktuellsten italienischen Kompositionen im zeitgenössischen Musikalienhandel beschafft. Er hat die jüngsten Entwicklungen seiner Zeit wie den Generalbass, den konzertierenden Stil oder die Neubewertung von Dissonanzen in italienischen Originalschriften studiert und manches davon selbst ins Deutsche übersetzt.